Zwei Dimensionen der Maker Education: Wie Offenheit und Materialvielfalt zusammenwirken 

20. Februar 2025: In unseren kollegialen Gesprächen und Beratungen zu den Themen Making und Makerspaces stellen wir immer wieder fest, dass die subjektiven Vorstellungen über eine Pädagogik des Makings – hier Maker Education genannt – sehr vielfältig sind. Oft erleben wir den Austausch als stark technikzentriert, was in strukturierten didaktischen Settings mündet, in denen sowohl der Lernweg als auch das Lernziel vorgegeben sind. 

In diesem Beitrag möchten wir unsere Perspektive auf Maker Education darstellen, mit einem Fokus auf zwei zentrale Dimensionen: Vielfalt von Materialien und Werkzeugen sowie Strukturelle Offenheit.  

Dabei geht es nicht darum, didaktische Szenarien zu bewerten oder in „gut“ und „schlecht“ einzuteilen. Vielmehr wollen wir Maker Education von Szenarien abgrenzen, die primär eine Technologie in den Mittelpunkt stellen und auf das Lernen nach Musterlösung abzielen. Denn Maker Education soll Kinder und Jugendliche auf eine Welt vorbereiten, in der sowohl technisches Verständnis als auch kreatives Problemlösen immer wichtiger werden. 

Ein theoretischer Ausgangspunkt

Ein zentraler Impuls für unsere Auseinandersetzung stammt aus dem Buch “Making und Schule” von Selina Ingold und Björn Maurer (2024), in dem sie Maker Education wie folgt beschreiben: 

„Praktisches Lernen, Tüfteln, Kreativität, Eigenmotivation und die Lerngemeinschaft bilden das Fundament der Maker Education. Die Lernenden agieren als aktive Gestalter:innen, die mithilfe der verfügbaren analogen und digitalen Materialien und Technologien eigeninitiativ Prototypen entwickeln und diese in einem Designprozess kontinuierlich verbessern. Maker Education zielt auf Empowerment und Selbstwirksamkeit. (…)“ 

(Ingold & Maurer, 2024, S. 15) 

Die Autoren betonen insbesondere zwei Aspekte: Erstens die Verfügbarkeit analoger und digitaler Materialien und zweitens Lernprozesse, die Eigenmotivation, Kreativität und Selbstwirksamkeit fördern. Diese Punkte bilden die Grundlage für die folgenden Überlegungen zu den zwei Dimensionen der Maker Education. 

Zwei Dimensionen der Maker Education 

1. Vielfalt von Materialien und Werkzeugen 

  • Maker Education verbindet analoge und digitale Materialien und Werkzeuge, um kreative und innovative Lösungen zu entwickeln. 
  • Durch die Kombination unterschiedlicher Materialien und Werkzeuge entstehen vielfältige Lösungsansätze. Hierbei geht es um Innovation auf individueller Ebene: Was innovativ ist, hängt nicht von der Technologie selbst ab, sondern von den Erfahrungen der Lernenden. 
  • Bausets verschiedener Hersteller bieten eine Vielzahl an Materialien und mechanischen sowie elektronischen Komponenten. Sie sind jedoch oft strukturell geschlossen, da sie einer festen Systemlogik folgen und ihre Elemente begrenzt sind. Dennoch können sie auch in offenen Settings eingesetzt werden. 

2. Strukturelle Offenheit 

  • Hohe Eigenmotivation entsteht, wenn Lernende eigene Ideen entwickeln und sich mit ihrem Produkt identifizieren. 
  • Offene didaktische Settings schaffen Räume für Tüfteln, Kreativität und Selbstwirksamkeit. Diese Offenheit benötigt jedoch Zeit und flexible Rahmenbedingungen. 

Diese beiden Dimensionen haben wir in folgendem Schaubild gegenübergestellt: 

Der gestrichelte Pfeil symbolisiert die idealtypische Entwicklung einer Making-Gruppe. Anfangs ist die Vielfalt an Materialien begrenzt und das didaktische Setting stark strukturiert. Im Laufe der Zeit verändert sich dies in beiden Dimensionen. 

Allerdings verläuft diese Entwicklung nicht überall gleich: Die Rahmenbedingungen einer Schule – etwa Know-how der Lehrkräfte, finanzielle Ressourcen oder räumliche Gegebenheiten – beeinflussen den Prozess maßgeblich. 

Vier Szenarien der Maker Education 

1. Geringe Vielfalt & Geringe Offenheit 

  • Wenige Technologien und Materialien 
  • Klare Zielvorgabe, fester Lernweg, Musterlösung 
  • Beispiel: Design und 3D-Druck eines Plätzchenausstechers nach Anleitung 

2. Hohe Vielfalt & Geringe Offenheit 

  • Vielseitige Materialien (z. B. LEDs, Motoren, Sensoren, Coding) 
  • Vorgegebene Ziele und Lernwege 
  • Elemente von Robotik-Konstruktionskits sind begrenzt und lassen nur bestimmte Kombinationen zu 
  • Beispiel: Bau und Steuerung einer Lichtschranke mit Mint-Bausystem 

3. Geringe Vielfalt & Hohe Offenheit 

  • Exakte Vorgabe der Materialien, aber offene Lernziele 
  • Beispiel: Programmieren einer App zum Thema “Inklusion” mit individueller Umsetzung 

4. Hohe Vielfalt & Hohe Offenheit (Ideal der Maker Education) 

  • Freie Projekte, die Kreativität und Eigeninitiative fördern 
  • Beispiel: Bau einer Maschine, die Müll aus Wasser sammelt 

Alle diese Szenarien können Teil einer Making Education sein. So kann die Begrenzung auf eine Technologie und enge Führung wichtige Grundlagen vermitteln, auf denen später aufgebaut werden kann. Ziel ist es jedoch, möglichst früh didaktische Szenarien zu schaffen, die Vielfalt und Offenheit fördern. 

Drei Didaktische Zugänge zur Maker Education 

Ingold und Maurer (2024) nennen verschiedene teilstrukturierte Konzepte, um Making in offenen didaktischen Settings in den Unterricht zu integrieren. Im Folgenden drei Beispiele: 

Reverse Engineering Challenges: Ein fertiges Produkt soll nachgebaut werden, um dessen Funktionsweise zu verstehen (z. B. Upcycling-Flitzer nachbauen). 

Funktions-Challenges: Die Lernenden setzen sich mit einer bestimmten Technik auseinander (z. B. “Baue ein Strommessgerät“). 

Produktbezogenes Making: Die Lernenden entwickeln eine eigene Lösung für eine Aufgabe (z. B. „Entwickle einen Gaming-Controller“). 

Diese Ansätze verdeutlichen, dass auch in frühen Phasen des Makings bereits Offenheit und Eigeninitiative gefördert werden können. 

Fazit 

Maker Education ist keine binäre Entscheidung zwischen Struktur und Offenheit. Vielmehr sollten Lehrkräfte beide Dimensionen bewusst gestalten, um Lernenden eine möglichst freie und kreative Umgebung zu bieten. Entscheidend ist nicht nur die Wahl der Technologie und des Materials, sondern auch dass Lernprozesse so gestaltet werden, dass sie Selbstwirksamkeit, Kreativität und Eigeninitiative ermöglichen.