Maschinelles Lernen ohne Programmieren – Grundschulkinder trainieren ihre eigene KI 

09. Mai 2025: Im Rahmen einer Projektwoche an der Teckschule in Dettingen haben wir Kinder der 2. – 4. Klassen innerhalb einer Doppelstunde eine eigene Künstliche Intelligenz (KI) trainieren lassen – ganz ohne Programmierkenntnisse. Möglich wurde das durch den Einsatz der kostenlosen Webanwendung Teachable Machine.

Was ist die Teachable Machine?

Die Teachable Machine ist ein Online-Tool von Google, das maschinelles Lernen für alle zugänglich macht. Nutzer:innen können eigene KI-Modelle erstellen, indem sie dem System anhand von Bildern, Tönen oder Bewegungen beibringen, Muster zu erkennen. Das fertige Modell lässt sich exportieren und z. B. in Webseiten, Apps oder interaktive Projekte einbinden. Zum Datenschutz: Laut Google, werden alle generierten Daten lokal im Browser verarbeitet. 

Ein Videotutorial (auf Deutsch) gibt es hier: Teachable Machine Einführung 

Warum Bilderkennung – und nicht Ton oder Bewegung? 

Für unseren Workshop entschieden wir uns bewusst für den Bereich Bilderkennung. Sie lässt sich gut im Klassenzimmer umsetzen und ermöglicht es, datenschutzkonform zu arbeiten – im Gegensatz zu Bewegungserkennung (wegen möglicher Gesichtserkennung) oder Tonerkennung (Stimmenerkennung sowie Störungen durch Umgebung). Mehrere Gruppen konnten parallel in einem Raum arbeiten, was organisatorisch ein großer Vorteil war. 

Ein Wermutstropfen der Teachable Machine: Die Webanwendung funktioniert nicht auf mobilen Endgeräten wie Tablets oder Smartphones. Zwar gibt es im iPadOS App Store eine alternative App eines Drittanbieters, doch in unseren Tests erwies sie sich als nicht zuverlässig. Daher entschieden wir uns, ausschließlich mit Laptops (bzw. stationären Computern) zu arbeiten. 

Webcams statt Laptop-Kamera

Für die Bilderkennung reichte uns jedoch nicht die integrierte Laptop-Kamera. Diese zeigt in der Regel die Nuzenden frontal und nimmt einen unruhigen Hintergrund auf – oft mit Möbeln, anderen Kindern oder Fenstern im Bild. Das erschwert es der KI, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: das Objekt vor der Kamera. 

Um die Bildqualität und Aussagekraft der Trainingsdaten zu verbessern, nutzten wir externe Webcams, die wir mithilfe von Klemmhalterungen direkt auf die Tischplatte ausrichteten. So entstand ein neutraler Bildhintergrund – meist nur die Tischfläche – und das jeweilige Objekt konnte klar und isoliert aufgenommen werden. Gleichzeitig wurde sichergestellt, dass keine Kinder unbeabsichtigt im Bild erschienen – ein wichtiger Aspekt auch unter Datenschutzgesichtspunkten. 

Darüber hinaus zeigte sich ein weiterer Vorteil im pädagogischen Alltag: Die Kinder sahen sich selbst nicht im Bildschirm, was Ablenkungen deutlich reduzierte, sondern nur das zu erfassende Objekt, was zu einer konzentrierteren, strukturierteren Arbeitsweise führte. 

Auch wenn die Nutzung externer Webcams einen gewissen Mehraufwand in der Vorbereitung bedeutet, wird dieser durch die deutlich höhere Datenqualität und fokussiertere Arbeit der Kinder mehr als ausgeglichen. 
 
Selbstverständlich ist es dennoch möglich, das Projekt auch ohne externe Webcams umzusetzen – insbesondere bei kleineren Gruppen oder in weniger sensiblen Umgebungen. 

Ablauf des Workshops

Erster Zugang: Was ist eigentlich Künstliche Intelligenz? 

Zum Einstieg wurde in einer Mindmap Wissen gesammelt: Was ist KI? Kennst Du ein Beispiel? Wo begegnet uns KI im Alltag? Ein einfaches Modell half beim Verständnis: 

„Eine KI ist wie ein Robotergehirn. Man zeigt ihr viele Beispiele – und dann erkennt sie Dinge von selbst.“ 

Erste KI-Erfahrung mit dem Schulmäppchen 

Mit einem vorbereiteten Beispielmodell zum Thema Schulmäppchen legten die Schülerinnen und Schüler erste Gegenstände wie Scheren, Radierer oder Stifte unter die Kamera. Dabei wurde schnell klar: 

  • KI erkennt nur, was sie gelernt hat. 
  • Unbekannte Objekte (z. B. ein Spitzer) führen zu ungenauen Ergebnissen. 
  • Formenvielfalt (z. B. Radiergummis in Herzform) kann das Modell verwirren. 
  • Überraschungen sind möglich: Eine geformte Hand wurde als Schere erkannt! 

Die verlinkte Datei können Sie in Teachable Machine öffnen, trainieren und für Ihren Unterricht nutzen. 

Erarbeitungsphase I: Pflanzen bestimmen mit der eigenen KI 

In kleinen Teams trainierten die Kinder ihr erstes eigenes Modell: eine Pflanzenerkennungs-KI. 

Ablauf: 

  • Jede Pflanze erhielt eine eigene Klasse im Modell. 
  • Pro Klasse wurden mindestens 50 Fotos aufgenommen – Objekte aus verschiedenen Perspektiven, in unterschiedlicher Lage. 
  • Zusätzlich wurde eine “Nichts”-Klasse erstellt (neutraler Hintergrund). 

Wichtig: Wir brachten ungefährliche Pflanzenteile mit. Bei selbstgesammelten Pflanzen wiesen wir auf mögliche Giftigkeit hin. Nach dem Workshop hieß es: Hände waschen! 

Im Anschluss tauschten die Kinder ihre Pflanzenteile aus und testeten ihre Modelle gegenseitig. 

Erarbeitungsphase II (optional): Eigene Ideen umsetzen 

Wer Zeit hatte, durfte ein eigenes KI-Modell entwerfen. Die wichtigsten Kriterien: 

  • Einheitliches Thema: Das Thema des Modells sollte klar eingegrenzt sein, damit die KI sinnvolle Unterschiede erkennen kann. Z. B. Musikinstrumenten, Sportgeräten oder Baumblättern 
  • Mindestens drei Klassen plus eine „Nichts“-Klasse 
  • Je Klasse: 50 Bilder aus unterschiedlichen Perspektiven 

Erkenntnisse präsentieren und diskutieren 

Zum Abschluss präsentierten die Kinder ihre Modelle mit dem Beamer. Sie sprachen über Herausforderungen wie: 

  • Fehlaufnahmen (z. B. Finger im Bild) 
  • Verwechslungen durch unklare Bilder 
  • Erfolge und Überraschungen beim Testen fremder Modelle 

Dabei wurde deutlich: Auch eine KI kann falsch lernen – zum Beispiel durch fehlerhafte oder manipulierte Trainingsdaten. Eine wichtige Erkenntnis im Umgang mit Künstlicher Intelligenz. 

Fazit: Ein kindgerechter Zugang zu KI 

Der Workshop zeigte, wie Kinder durch eigenes Handeln die Funktionsweise von Künstlicher Intelligenz verstehen lernen. Die Teachable Machine ist dafür ein geeignetes Werkzeug: intuitiv, datensparsam und praxisnah. 

Mit wenigen Mitteln lassen sich motivierende und erkenntnisreiche Projekte realisieren – auch für Grundschulkinder ab der zweiten Klasse. Und ganz nebenbei lernen sie, kritisch mit KI umzugehen. 

Bei weiteren Fragen wenden Sie sich gern an Robert Rymeš.