09. Januar 2025: Zwei Jahre nach der Veröffentlichung von ChatGPT sind LLMs (Large Language Models, z.B. ChatGPT) jetzt auch in den Schulen angekommen. Was Schülerinnen und Schüler schon längst genutzt haben, findet nun auch zunehmend in der Organisation und Struktur der Schulen statt. Diese Entwicklung zeigt, dass der Umgang mit KI-Technologien nicht nur eine persönliche Entscheidung von Lehrkräften ist, sondern Teil moderner Bildungssysteme wird.
Die Kultusministerkonferenz empfiehlt in ihrer Handlungsempfehlung vom 10.10.2024, dass Schulen sich intensiv und kritisch mit Künstlicher Intelligenz beschäftigen sollten. Sie umfasst zentrale Themen wie den
- Einfluss von KI auf Lernen und Didaktik,
- die notwendige Veränderung der Prüfungskultur,
- rechtliche und ethische Fragen,
- Chancengerechtigkeit sowie
- die Professionalisierung der Lehrenden.
Letzteres wird besonders hervorgehoben: KI-Kompetenzen sollen systematisch in alle Phasen der Lehrkräftebildung integriert werden, wobei technische Grundlagen, medienethische Aspekte und die didaktische Anwendung im Unterricht gleichermaßen berücksichtigt werden. Ziel ist es, Lehrkräfte nicht nur mit den Einsatzmöglichkeiten von KI vertraut zu machen, sondern ihnen auch die Fähigkeit zu vermitteln, Risiken kritisch zu bewerten. Kompetenzzentren für digitales Unterrichten werden hierbei als zentrale Akteure genannt, die Weiterbildungsmaßnahmen entwickeln und umsetzen sollen. Zudem wird betont, dass Lehrende ihre Fähigkeiten kontinuierlich reflektieren und anpassen müssen, um den sich wandelnden Anforderungen des digitalen Zeitalters gerecht zu werden. Zu einer ähnlichen Bewertung kommt die Ständige Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz (SWK) in ihrem Impulspapier von Januar 2024.
Dieser Beitrag widmet sich der Frage, wie die Professionalisierung der Lehrenden im Kontext des Einsatzes von LLMs gelingen kann. Neben fachdidaktischen Überlegungen zum konkreten Einsatz von KI im Unterricht stellt sich die zentrale Frage: Welche technischen KI-Grundkenntnisse und übergeordnete Schlüsselkompetenzen benötigen Lehrkräfte, um KI verantwortungsvoll und effektiv in Bildungsprozessen einzusetzen?
Technisches Grundverständnis über LLMs
Lehrkräfte müssen nicht genau wissen, wie ein Sprachmodell funktioniert, um es richtig und verantwortungsvoll zu nutzen. Beispielsweise ist es nicht wichtig, sich mit technischen Begriffen wie Transformer, neuronale Netze oder Word Embeddings auszukennen. Dagegen müssen Lehrkräfte verstehen, wozu Sprachmodelle in der Lage sind, bei welchen Aufgaben sie helfen und wo ihre Grenzen liegen. Dieses praktische Wissen hilft Lehrkräften, die Sprachmodelle gezielt und kritisch zu nutzen, um ihre eigene Arbeit zu erleichtern und den Lernenden zu helfen.
Es ist herausfordernd, einen verbindlichen Kanon zu formulieren, doch wir wollen einen Versuch wagen. Dabei sehen wir LLMs als Werkzeuge, deren Erfolg davon abhängt, wie verantwortungsvoll und bewusst Menschen sie nutzen. Ziel ist es, eine einfache und praxisbezogene Basis zu schaffen. Mit dieser Grundlage möchten wir eigene Fortbildungsangebote für Lehrkräfte konzipieren und umsetzen.
In unserem Kanon beleuchten wir vier zentrale Aspekte. Neben der Erklärung der grundlegenden Funktionsweise befassen wir uns mit der kritischen Bewertung, aktiven Rolle und Verantwortung der Nutzenden. Als Textform haben wir uns für eine hierarchische Gliederung entschieden, also eine stufenweise Unterteilung, bei der ein Hauptpunkt in immer kleinere, spezifischere Unterpunkte unterteilt wird.
Zusammenfassend bietet die Darstellung eine fundierte, praxisorientierte und anwendungsbezogene Grundlage für das Verständnis und die Nutzung von Sprachmodellen. Sie bietet gleichzeitig Raum für kritische Reflexion und die Förderung von Schlüsselkompetenzen, die über den technischen Umgang hinausgehen.
Schlüssel-Kompetenzen für die Nutzung von LLMs
Es wirkt wie ein glücklicher Zufall, dass die Fähigkeiten, die eine kompetente Lehrperson auszeichnen, gut zur verantwortungsvollen Nutzung von LLMs passen. Die folgenden Schlüsselkompetenzen bieten eine gute Grundlage, um Sprachmodelle erfolgreich einzusetzen. Dabei werden sowohl technische als auch didaktische Anforderungen berücksichtigt, um eine praktische und durchdachte Anwendung zu ermöglichen.
Lehrende erscheinen als prädestinierte LLM-Nutzerinnen, da sie Kompetenzen aus der Unterrichtspraxis effektiv auf die Nutzung von Sprachmodellen übertragen können. Anders ausgedrückt: Wer in der Lage ist, einen detaillierten Arbeitsauftrag für eine 90-minütige selbstständige Arbeitsphase oder einen präzisen Erwartungshorizont zu formulieren, kann diese Fähigkeiten ebenso erfolgreich beim Prompten einsetzen. In Kombination mit einem soliden technischen Grundwissen wird es möglich, die eigene Nutzung von Sprachmodellen kritisch zu hinterfragen, bewusst zu gestalten und zielgerichtet in Bildungsprozessen einzusetzen.
Die Vorzeichen für die Professionalisierung der Lehrenden im Umgang mit LLMs sind grundsätzlich positiv. Allerdings zeigt sich, dass der letzte große Transformationsprozess zum Digitalen, der die Grundlage für eine umfassende Nutzung von LLMs bildet, in vielen Bereichen des Schulalltags noch nicht vollständig abgeschlossen ist. Dieser Umstand stellt trotz der vielen positiven Aspekte, die in diesem Beitrag hervorgehoben werden, eine wesentliche Herausforderung für die effektive Integration von LLMs dar.