07. März 2024: „Diese Handy-Garage aus Nylon-Gewebe schafft Ordnung im Klassenraum und sorgt dafür, dass die Schulordnung eingehalten wird!“
Mit diesem Auszug aus einem Angebot des Lehrerbedarfsversands TimeTEX, starten wir unseren Workshop zum Thema „Handyordnung an der Schule“ am Hölderlin-Gymnasium in Nürtingen. Er ist Teil der Zukunftswerkstatt, einem pädagogischen Tag Mitte Februar.
Natürlich ist das Handy-Gefängnis nur eine Scheinlösung. Unser Ziel ist es auch gar nicht, pauschale Lösungen zu vermitteln, sondern die Teilnehmenden dabei zu unterstützen, eine gute Lösung für alle am Schulleben beteiligten Personen zu erarbeiten. Ein Glücksfall ist es daher, dass neben Lehrkräften auch Vertreter aus der Eltern- und Schülerschaft an diesem Tag dabei sind.
Die eigene Haltung reflektieren
Was waren prägende Medien aus der eigenen Jugend? Was löst es in mir aus, wenn ich Jugendliche am Smartphone sehe? Welche Rolle spielt das Smartphone bei der Bewältigung von zentralen Entwicklungsaufgaben in der Pubertät? Mit diesen Fragen steigen wir in den Austausch ein. Und einen wichtigen Hinweis gibt es von uns noch am Ende dieses Blocks: Die Förderung von Medienkompetenz ist nicht ausschließlich die Aufgabe des Elternhauses. Seit 2016 steht die Leitperspektive Medienbildung in den Bildungsplänen Baden-Württembergs. Darüber hinaus werden konkrete Bezüge zur Medienbildung in allen Fächern genannt. Könnte vielleicht eine Handyordnung sogar zur kompetenteren Nutzung von Smartphones beitragen?
Bedürfnisse und Wünsche benennen
Bevor es an die Formulierung von Regeln geht, möchten wir von den Teilnehmenden erfahren, was mit der Einführung von Regeln überhaupt erreicht werden soll. Es geht also zuerst darum, die zu Grunde liegenden Bedürfnisse und Ziele von Lehrkräften aber auch von Lernenden und ihren Eltern zu ergründen. Schnell wird deutlich, dass diese zum Teil konkurrieren, sich aber auch in vielen Bereichen überschneiden: das Bedürfnis nach Ablenkung und Zerstreuung in den Pausen, Erreichbarkeit der Kinder, aufmerksame Lernende, Einsatz von Handys im Unterricht aber auch Sicherheit vor Missbrauch mit Handys und vieles mehr.
Einbezug aller am Schulleben Beteiligter
Dann ein erster Vorschlag einer Lehrerin: 5t- und 6t-Klässler sollten sich mehr bewegen und direkt miteinander kommunizieren. Daher ein Handyverbot für diese Altersgruppe auch in der Mittagspause. „Dann gehen wir halt rüber zum Supermarkt und zocken da“, antwortet ein 12jähriger Schüler. Schnell wird klar, dass Verbote in der Regel keine Lösungen sind und wie wichtig die Beteiligung von Schülerinnen und Schülern bei der Entwicklung eines gemeinsamen Rahmens ist. Aber müssen denn auch noch unbedingt die Eltern beteiligt werden? Ja, weil spätestens dann, wenn die Handyordnung von der Schulkonferenz beschlossen werden soll, müssen auch Eltern zustimmen.
Jede Schule braucht eine individuelle Lösung
Eine Anleitung für Schulen, die sich aufgemacht haben, eine Handyordnung zu entwickeln, hat das Landesmedienzentrum Baden-Württemberg versucht zu skizzieren. Wie sieht es aber mit konkreten Umsetzungen an Schulen aus? Eine kurze Recherche im Web zeigt, dass die Bandbreite groß ist. Es gibt sowohl das pauschale Nutzungsverbot als auch die grundsätzliche Handyerlaubnis außerhalb des Unterrichts. Es gibt Schulen, die Nutzungsprivilegien an das Alter der Schülerinnen und Schüler koppeln. Andere nehmen die Medienbildung selbst in die Hand und schreiben die Absolvierung eines Surfscheins vor, bevor die Nutzung auf dem Schulgelände erlaubt wird. Den individualisiertesten Ansatz verfolgt die Alemannenschule in Wutöschingen. Alle Schülerinnen und Schüler haben einen von vier Status, je nachdem wie sie sich an Regeln halten und sich in die Schulgemeinschaft einbringen. Je höher der Status ist, desto mehr Freiheiten haben sie, auch was die Handynutzung auf dem Schulgelände angeht.
Lösung umsetzen, schnell scheitern und aus den Fehlern lernen
Am Ende des Workshops kristallisiert sich heraus, dass eine altersgestaffelte Regelung für das Hölderlin-Gymnasium am besten passen könnte. Klar wird aber auch, dass das Thema in weiteren Kreisen diskutiert werden muss. Mit dem Kollegium, dem Elternbeirat und vor allem mit den Schülerinnen und Schülern. Schnelle Lösungen soll es heute nicht geben, es muss sich eine Kultur entwickeln. Dazu gilt wie so oft in Veränderungsprozessen: Schnelles Scheitern und aus den Fehlern lernen. Wir sind auf die nächsten Termine gespannt.
Möchten auch Sie sich an Ihrer Schule auf den Weg machen, eine Handyordnung zu entwickeln? Oder wollen sie ein bestehendes Regelwerk überarbeiten? Gerne unterstützen wir Sie dabei und freuen uns über Ihre Kontaktaufnahme.